Gott erhalt’s: Bier und Religion

Früher war das Bierbrauen oft ein echtes Glücksspiel. Bevor man wusste, was Hefe eigentlich macht, nutzte man sie zwar, aber verstand nicht wirklich, warum sie wichtig war. Für die Brauer war das einfach der Bodensatz oder Schleim aus dem letzten Sud, den sie in den neuen gekippt haben.

Man wusste, dass dieses Zeug den Gärprozess ankurbelte, aber nicht, wie genau das funktionierte. Weil niemand die mikroskopischen Prozesse kannte, hing das Gelingen des Bieres oft vom Zufall ab. Dinge wie die richtige Temperatur, Sauberkeit oder der Zustand der „Hefe“ spielten zwar eine Rolle, aber die Brauer hatten keine Kontrolle darüber. Erst im 19. Jahrhundert entdeckte Louis Pasteur, dass Mikroorganismen, vor allem Hefe, für die Gärung verantwortlich sind. Das war der Durchbruch für die moderne Bierherstellung.

Damals arbeiteten die Brauer nach dem Motto „Probieren geht über Studieren“. Mal klappte es, mal nicht – die Qualität des Bieres war ziemlich unberechenbar. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde oft der Brauprozess gesegnet. Das sollte göttlichen Beistand bringen und dafür sorgen, dass der Sud nicht schiefgeht oder verdirbt.

Diese Segnungen spiegelten auch den Volksglauben wider, dass höhere Mächte in alle Lebensbereiche, inklusive Landwirtschaft und Handwerk, eingreifen konnten. Und da Bier ein tägliches Grundnahrungsmittel war, machte man da natürlich keine Ausnahme.

Um göttlichen Beistand zu erlangen, wurden auch Schutzheilige angebetet. Nachfolgend habe ich eine Liste von religiösen Patronen erstellt, die in der historischen Entwicklung des Bieres eine wichtige spirituelle Rolle spielten. Das Datum verweist auf den Namenstag.

Brigid von Kildare (1. Februar) – Die irische Patronin des Bieres
St. Brigid von Kildare wird in der irischen Tradition als Schutzheilige des Bieres verehrt. Sie soll laut Legenden mehrere Bierwunder vollbracht haben, darunter die Vermehrung von Bier, um Pilger und Bedürftige zu versorgen. Als Klostergründerin in Kildare spielte sie eine wichtige Rolle in der klösterlichen Bierkultur des Mittelalters. Ihre Großzügigkeit und die Verbindung zur Braukunst machten sie zur Patronin der Brauer. In Irland ist ihr seit 2023 am ersten Montag des Februars ein öffentlicher Feiertag gewidmet.

Josef von Nazareth (19. März) – Beginn der bayerischen Starkbiersaison
Der 19. März, auch bekannt als Josefi oder Josefstag, ist dem heiligen Josef von Nazareth gewidmet. Bis 1968 war dieser Tag in Bayern ein Feiertag. Seitdem sind die Bräuche, die damit verbunden waren, zwar weniger verbreitet, doch eine Tradition bleibt: Der Josefstag markiert den Beginn der Starkbiersaison, die in Bayern bis heute gefeiert wird.

Georg (23. April) – Erster Tag des Brauverbots
Am Georgitag jährt sich die Verkündung des bayerischen Reinheitsgebots von 1516. Am 23. April begann auch das Brauverbot bis zu St. Michael (29. September). Brauen war dann aus feuertechnischen sowie aus Qualitätsgründen verboten, da durch sommerliche Temperaturen das Bier schnell ungenießbar wurde. Um diese braufreie Zeit zu überbrücken, wurde im März ein Märzenbier gebraut, das durch seinen höheren Alkoholgehalt länger haltbar war.

Petrus von Mailand (29. April) – Patron der Kölner Brauer
Petrus von Mailand, ein Dominikaner und Märtyrer, wurde 1253 heiliggesprochen. Die Kölner Brauer wählten ihn zum Patron ihrer Bruderschaft, die im Jahr 1396 gegründet wurde. Heute noch wird der 29. April als Patronatsfest gefeiert. Diese Bruderschaft, die auch als Cölner Brauer-Corporation bezeichnet wird, ist die älteste noch existierende Handwerksvereinigung Deutschlands.

Florian von Lorch (4. Mai) – Schutzpatron des Wassers und der Brauereien
Der heilige Florian ist bekannt als Patron der Feuerwehrleute, doch auch die Bierbrauer zählen auf seine Fürsprache. Besonders im Mittelalter verehrte man ihn im süddeutschen Raum und in Österreich, weil er Brauereien vor Bränden schützte.

Vitus (15. Juni) – Wetterheiliger für reiche Ernten
Der heilige Vitus sorgt für schönes Wetter und damit für reiches Wachstum auf den Feldern. Besonders Bauernregeln erinnern an seine Bedeutung: „Regnet’s an St. Veit, / Gerste nicht leid’s.“ oder „Ist zu St. Vitus der Himmel klar, gibt es ein fruchtbares Jahr.“

Arnulf von Metz (18. Juli) – Der bekannteste Schutzpatron
Arnulf von Metz ist wohl der bekannteste Schutzpatron der Bierbrauer. Der französische Bischof (582-640) wird vor allem aufgrund zweier Legenden verehrt: Während einer Krankheitswelle empfahl Arnulf den Menschen, Bier statt Wasser zu trinken, da es durch den Brauprozess keimfrei war. Dies half, die Epidemie einzudämmen und rettete zahlreiche Leben. Nach seinem Tod sollen Arnulfs Gebeine in einer Prozession durch ein Dorf getragen worden sein. Obwohl es heiß war und die Menschen durstig waren, wurde der Durst von 5000 Personen durch einen einzigen Humpen Bier gestillt.

Laurentius (10. August) – Schutzpatron gegen Feuer
Der heilige Laurentius ist der Patron der Köche, Bäcker und Bierbrauer. Seine Verbindung zum Bier kommt vor allem durch seine Schutzfunktion gegen Feuer, ein großes Risiko beim Brauen mit offener Flamme. Er ist auch bekannt für seine Rolle als Almosenverteiler, bei der Bier als nahreiches Grundnahrungsmittel eine wichtige Rolle spielte.

Magnus (6. September) – Patron der Hopfenbauer
Wie Vitus wird der Heilige Magnus in einigen Regionen zu den 14 Nothelfern gezählt, eine Gruppe von Heiligen der katholischen Kirche, die traditionell in besonderen Notsituationen angerufen werden. Zum Magnustag hat sich auch eine Wetterregel herausgebildet: „Wie’s Wetter am Magnustag, es vier Wochen bleiben mag“.

Nikolaus von Myra (6. Dezember) – Schutzpatron der Bierbrauer
Der heilige Nikolaus, der am 6. Dezember gefeiert wird, gilt als Schutzpatron der Bierbrauer. In den ersten Schnee- und Eismonaten des Jahres hofften die Brauer auf seine Fürbitte, um ausreichend natürliches Eis für die Kühlung des Bieres zu haben. Ein Vers aus alter Zeit besingt diese Tradition: „Sankt Nikolaus, der fromme Greis, bringt manchmal schon das erste Eis. Das holt der kluge Brauer ein. Es könnt leicht das letzte sein.“

Martin (11. November) – Der trinkfeste Patron
Auch der heilige Martin wird scherzhaft als Bierheiliger bezeichnet. Besonders in Frankreich war er als „trinkfester“ Schutzpatron bekannt. Ein launiger Vers beschreibt ihn mit einem Augenzwinkern: „Sankt Martin war ein milder Mann, trank gerne Cervisiam (Bier), und hat‘ er nicht percuniam (Geld), so ließ er seine tunicam (Mantel).

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